Die Vipassana-Technik -- wie wir sie nach S.N. Goenka lernen werden -- soll möglichst getreu an die von Buddha praktizierte Technik angelehnt sein. Im Prinzip geht es darum, zuerst unseren Atem und dann die Empfindungen in unserem Körper zu beobachten. Wir "facen" die "reality, as it is, not as you want it to be, as it is" und sollen somit -- hoffentlich in diesem Leben noch ;) -- glücklicher und gelassener werden. Wer genauer nachlesen möchte: www.dhamma.org und http://de.wikipedia.org/wiki/Satya_Narayan_Goenka.
10 Tage Vipassana sehen wie folgt aus:
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4:00: Wake-up Bell
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4:30 - 6:30 : Morgenmeditation
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6:30 – 8:00 : Frühstückspause
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8:00 – 9:00 : Gruppenmeditation
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9:00 – 11:00 : Gruppenmeditation light (d.h. man darf
auch mal Pausen machen)
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11:00 – 13:00 : Mittagspause inkl. Zeit für
Fragen an den Meditationslehrerin
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13:00 – 14:30: Gruppenmeditation light
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14:30 – 15:30: Gruppenmeditation
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15:30 – 17:00: Gruppenmeditation light
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17:00 – 18:00: Abendessen
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18:00 – 19:00: Gruppenmeditation
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19:00 – 20:15: Theorie zur Vipassana-Technik
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20:15 – 21:00: Gruppenmeditation
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21:30: Nachtruhe
Und das soll ich jetzt 10 Tage lang machen?! Ich wusste ja
eigentlich auf was ich mich einlasse. Aber je näher der Tag rückt, umso mehr denke
ich an all die schönen Sachen, auf die ich verzichten muss. Eigentlich ist alles verboten, was
potentiell Spaß machen könnte. Keine Musik, Bücher, Internet u.ä. Auch kein
Sport. Natürlich kein Alkohol, Nikotin usw. Ach so und reden darf man auch
nicht, also nur mit dem der MeditationslehrerIn bzw. mit dem Kursmanagement.
Bei unserer Ankunft im Meditationszentrum geben wir dann
auch erstmal unsere Bücher, MP3-Player, Laptops usw. ab. Kontrolliert wird aber
nicht. Danach dürfen wir unsere Zimmer beziehen. Vanessa entdeckt eine Frau, die
in ihrem Zimmer ein Buch liest. Verdammt, wieso bin ich nur so ehrlich. Dann
geht es los zur ersten Stunde Theorie zur Vipassana Technik. In
diesen Abendlektionen kriegen wir auch immer die Anweisungen bzw. Aufgabe für
den nächsten Tag. Unsere Aufgabe für den ersten Tag: Durch die Nase atmen und
den Atem aufmerksam beobachten. Vor meiner Schilderung der 10 Tage aber erst mal
ein paar Eindrücke von Meditationszentrum:
Unser Hof:
Die Meditationshalle:
Am Anfang hat jeder ein großes und ein kleines Kissen bekommen. Nach 10 Tagen hatte eigentlich jeder "angebaut", also z.B. noch ein Kissen untergelegt oder sich ein extra Kissen für die Seite besorgt usw. Irgendwie muss man ja tricksen, 1 Stunde sitzen ohne sich zu bewegen kann zu einer quälenden Ewigkeit werden.
Ganz links (erhöht und in orange statt blau) sieht man die Sitze für die Mönche. Wieso die höher sitzen durften als wir habe ich allerdings nicht verstanden.
Home Sweet Home: unsere Zimmer
Mein Teller, meine Tasse, meine Schüssel und mein Besteck:
Yammi
Dann mal wieder chronologisch:
Tag 1: Es ist vier Uhr dreißig. Ich soll jetzt 2 Stunden
meinen Atem beobachten. Leider habe ich Hunger. Und ich möchte einen Kaffee. Außerdem
ist mir kalt. Obwohl ich in ein Top und T-Shirt und in mein Longsleev, meinen
Pulli und meine Fleecejacke eingepackt bin. Vor mir liegt nun ein Tag mit 10
Stunden in denen ich lediglich meinen Atem beobachten soll. Und zwar meinen
natürlichen Atem, wie der Guru-Typi Goenka mehrfach wiederholt: „Natural
breath, just keep observing your natural breath. As it comes in, naturally, as it goes out,
naturally, naturally”. Ja, ja! Ich habe die Anweisung schon verstanden.
Die Umsetzung klappt: so naja gut. Meine Gedanken schweifen ab. Ziemlich
schnell. Zwischendurch achte ich dann auch mal wieder auf meinem Atem. So 10 -
30 Sekunden. Dann schweifen meine Gedanken wieder ab. Schon ziemlich
interessant, wo die Gedanken überall so hinwandern. Hier eine kleine Auswahl:
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Wird die Welt wohl besser, wenn Barack Obama
auch mal Vipassana ausprobieren würde ? (Antwort: Es besteht zumindest die
Chance)
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Was ist wohl das lustigste Zitat das man Mahatma
Ghandi falsch zuordnen kann? (Antwort: „Die Hölle, das sind die Anderen“;
Original aus Geschlossene Gesellschaft von Sartre)
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Habe ich in Deutschland Oberteile, die farblich
zu den pinken Sandalen, die ich mir in Hoi An habe machen lassen, passen?
(Antwort: Vermutlich ja, 1 Oberteil)
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Wann sind zwei Vektoren eigentlich nochmal
orthogonal? (Antwort: Wenn ihr Skalarprodukt null ist)
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Wann hat mein ehemaliger Chef nochmal Geburstag
(Antwort: ???)
Tag 2: Wir sollen beobachten, wo genau unser Atem beim ein-
bzw. ausatmen auf die Naseninnenseite trifft. Am Nachmittag bricht Vanessa ihr
Schweigegelübde mit den Worten „Das ist die größte Scheiße, die ich je gemacht
habe“. Ich bin ziemlich erkältet und wäre sehr froh, wenn ich überhaupt erstmal
richtig durch die Nase ein- bzw. ausatmen könne. Für Vipassana muss man ja
wirklich nicht viel können. Außer still sitzen und durch die Nase atmen. Damn
it !
Tag 3: Wir sollen genauer beobachten, welche „Sensations“
wir auf der Außen- oder Innenseite der Nase und auf der Fläche unterhalb der
Nase und oberhalb der Oberlippe fühlen. Dazu sollen wir uns ganz auf diese
„small area“ fokussieren. Die area kommt mir ziemlich rießig vor. Zumindest
deutlich größer als meine maximale Fokussionsfläche. So als müsste ich mit
meiner Stirnlampe ein ganzes Fussballfeld ausleuchten. Die Lehrerin versteht
mein Problem nicht. Ich versuche ihr klar zu machen, dass das Problem einfach
darin besteht, dass zwei Flächen (meine Fokussionsfläche und die zu
beleuchtende Flächen) nicht gleich groß sind. Sie versteht mich immer noch
nicht. Ich werde unbalanced. Ziemlich unbalanced. Ich versuche nicht zu
intellektualiseren und bemühe mich einfach gechillt mal meine ganze (!) Nasenaußen-
und innenseite zu fühlen. Es klappt einigermaßen. Auch wenn ich immer noch der
Meinung bin, dass es eigentlich unmöglich ist.
Tag 4: Von morgens 4 Uhr bis zum Mittagessen (also bis 11
Uhr) steht „ auf der Fläche unterhalb der Nase und oberhalb der Oberlippe den
Atem fühlen“ auf dem Programm. Dann geht es nachmittags endlich los mit der
richtigen Vipassana Meditation. Tag 1 bis 3 war nur die Vorbereitung um unseren
Mind zu schärfen. Jetzt dürfen wir langsam von „the top of the head“ bis zu den
„tips of the toes“ wandern und auf unserem ganzen Körper Sensations fühlen.
Alter! Auf dem ganzen Körper!! Wie aufregend !!! Nicht mehr nur Nase bis
Oberlippe. Ich bin begeistert. Leider dürfen wir uns ab jetzt auch nicht mehr
bewegen, sondern müssen -- zumindest während der Gruppenmeditation -- 1 Stunde
lang still sitzen (mit geschlossenen Augen versteht sich). Das ist mal leider
gar nicht so einfach, wenn nach ca. 40 Minuten der Schmerz in den Schultern
oder in den Beinen einfach zu stechend wird. Ich schummele also und lockere ein
bisschen meine Beine. Außerdem beobachte ich ein bisschen wie es den anderen so
geht. Irgendwo in der Meditationshalle bewegt sich immer jemand. Auch die
Mönche bewegen sich ab und zu. Ich bin beruhigt und mache meine Augen wieder
zu. Muss ja keiner mitbekommen.
Tag 5: Heute dürfen wir wieder den ganzen Tag vom „the top
of the head“ bis zu den „tips of the toes“ Sensations fühlen. Leider bin ich
nicht mehr so ganz motiviert wie an Tag 4. Ich schwänze die letzte halbe Stunde
der letzten Nachmittagsmeditationssitzung. Einfach weil ich keinen Bock mehr
habe. Ich chille auf meinem Bett ab. Ich kriege ein schlechtes Gewissen. Der
Kram fängt schon an zu wirken. Verdammt. Das hat aber auch Vorteile. Abends gibt es z.B. wieder Reisschleim statt Reis. Statt zu lamentieren, schaffe ich es direkt zu denken, dass ich auch diese Realität einfach akzeptieren soll -- ich kann sicherlich nichts daran ändern, sondern finde mich am besten so schnell wie möglich damit ab.
Tag 6: Heute dürfen wir von von „the top of the head“ bis zu
den „tips of the toes“ und – ACHTUNG Es wird spannend -- dann wieder von den „tips
of the toes“ bis zum „top of the head“ wandern. Es ist wieder 4 Uhr 30 morgens.
Ich sitze in der Meditationshalle und wandere so vom top of the head bis zum Schulterblatt.
Dann fange ich an über delayed gratification nachzudenken. Dann denke ich über
das Marshmallow-Experiment (http://en.wikipedia.org/wiki/Stanford_marshmallow_experiment) nach. Ich denke daran, wie unglaublich lustig die
Youtube Videos sind. Ich denke darüber nach, dass gezeigt wurde, dass das Alter
einen Einfluss auf die Entscheidung „warten“ bzw. „sofort essen“ hat. Ich denke darüber nach, was das für einen
Einfluss auf die Erklärungsmuster Vertrauen bzw. Fähigkeit zur delayed
gratification hat. Ich denke über partielle Regression nach. Dann denke ich wieder
daran, wie unglaublich lustig die Youtube Videos sind (https://www.youtube.com/watch?v=QX_oy9614HQ). Dann ist die
Morgenmeditation vorbei. Den Rest des Tages gebe ich mir mehr Mühe.
Tag 7: Heute dürfen
wir wieder von von „the top of the head“ bis zu den „tips of the toes“ und dann
wieder von den „tips of the toes“ bis zum „top of the head“ wandern um unsere
Sensations zu beobachten. Evtl.
spüren wir dann schon einen “free flow of sensations troughout the body”. Wenn nicht ist auch nicht schlimm.
Hautpsache man beobachtetet alle sensations objectively. Tag 7 ist der Tag der
Extreme. Ich hatte Phasen mit „Ich liebe mein Leben. Und überhaupt wird alles
sooooo toll. Und ich will den Inka-Trail nach Macchu Picchu laufen. Oder den
Annapurna Circuit. Alternativ zum Mount Everest Bascecamp. Und: Was ist wohl
die schwerste Fahrradstrecke der Welt ? Egal, die fahre ich auf jeden
Fall.“ Es gibt aber auch Phasen wie „Ich hasse mich bzw. meine Nase. Wieso kann ich nicht hübscher sein? Wieso habe ausgerechnet ich so eine Nase abbekommen? Wäre ich zu dick, könnte ich wenigstens abnehmen. Ich hasse mein Gesicht“. Nun ja, Vipassana soll ja auch ein paar „deep roted complexes“
lösen. Joah, das hat geklappt würde ich mal sagen. Dank meines rationalen Ichs
haben die negativ Phasen aber nicht so lange gedauert, ich habe dann doch immer
relativ zeitnah eingesehen, dass die Lage evtl. doch nicht ganz so schlimm ist.
Zudem kann ich berichten, dass ich mittlerweile – wenn auch unter großer Anstrengung
– 1 Stunde lang sitzen kann. Dafür wird mein Schmerz in der linken Schulter
immer schlimmer.
Tag 8: Wieder vom Top
of the Head zu den Tips of the Toes und zurück. Wieder sagt der Guru-Typi dass
manche evtl. schon einen free flow throughout the body fühlen können. Ich zähle
leider nicht dazu. Überhaupt ist meine linke Schulter taub. Ebenso mein linker
Arm (Vermutlich wegen dem stechenden Schmerz in der linken Schulter). Auch in
meinen Beinen kann ich nicht so viel fühlen. Außer wie angespannt meine Muskeln
sind. Ich bin demotiviert. Vanessa auch. Vor dem Abendessen flüstert sie mir zu
„Es gibt keine Skala auf der man meine nicht vorhandene Motivation messen kann.“
Ich bin an folgendem Punkt: "Wenn man einmal angefangen hat, ist es
meistens nicht sooo schlimm“. Nun ja, anscheinend reicht so ein niedriges
Motivationsniveau um mich um 4 Uhr morgens zum aufstehen und dann 10 Stunden
lang zum meditieren zu bewegen. Faszinierend. Gerne würde ich länger darüber
nachdenken, was das über mich und meinen Charakter aussagt. Aber ich versuche
tapfer mal was in meinen Beinen zu fühlen. Die Meditationslehrerin kann bestimmt
sehen, ob man gerade abschweift oder bei der Sache ist – und ich will ja nicht auf
den letzen Metern aus dem Camp geschmissen werden.
Tag 9: Der Tag der totalen Krise. Nach der morgentlichen
Gruppenmeditation kriege ich die totale Krise. Ich laufe ca. 1 Stunde lang wütend
unseren Außenbereich auf- und ab und denke in etwa Folgendes: „Was für ein
Quatsch. Was für ein selbst-referentielles System. Das ist alles nur eine
Self-Fulfilling-Prophecy. Wenn man sich das mal aus Außenstehender anhört, dann
denkt man doch, was für ein ausgemachtes Guru-Zeug ziehen die sich da gerade
rein???? Und man muss daran glauben, dass es was bringt. Nur dann bringt es
was. Und davon bin ich gerade meilenweit entfernt. Wenn man Vipassana macht und
es wie ich gerade für totalen Humbug hält, dann bringt es sicherlich nichts.
Ich will hier weg. Ich will hier weg“. Nach dem Mittagessen kriege ich mich
dann mit rationalen Argumenten wieder ein: „Man kann sicherlich noch nicht
alle Mind-Matter Phänomene verstehen. Und es gibt ja viele Studien, die für
Vipassana sprechen. Als das Penicillin erfunden wurde, hat man ja auch nicht
genau verstanden, wie das biochemisch wirkt. Trotzdem hätte ich auch damals bestimmt
Penicillin genommen. Und das Ziel von Vipasana auf Vorkomnisse bzw.
Ereignisse in a „calm and balanced way“ zu reagiern, finde ich ja echt gut. Und
eigentlich versuche ich ja gerade nur meinem Gehirn bzw. meinen Neuronen einen
neuen „Weg bzw. Routine“ anzutrainieren. Und das
Gehirnströme von Meditierenden anders sind, ist ja erwiesen. Und Vipassana tut
ja bestimmt nichts Schlechtes. Sondern sogar vielen Leuten was Gutes. Die
Vipassana-Zentren finanzieren sich ja nur aus Spenden und alle die dort
„arbeiten“ tun das freiwillig und unentgeltlich. Das würden ja nicht so viele
Leute machen, wenn Ihnen Vipassna nicht so gut tut. Und notfalls zähle ich
einfach auf den Placebo-Effekt“ Nun ja,
so kriege ich mich dann irgendwann wieder ein.
Tag 10: Es ist 6:30 in der Früh. Die erste
Meditationssitzung ist geschafft. Vanessa läuft an mir vorbei und summt „Final
Coutdown“. Nur noch ein letztes Mal Morgen-Gruppenmeditation. Dann dürfen wir
reden und haben nur noch so ein paar lockere Programmpunkte. Mein Lächeln wird
immer größer. Ich setzte mich zur
Gruppenmedition. In meinem Kopf stimme ich ein letztes Mal „Eye of the Tiger“
an. Damit habe ich irgendwann an Tag 8 (?) angefangen. Ach ja, sobald "Face to face, out in the head.... Just a man and his will to survive... It's the eye of the tiger, It's the thrill of the fight, Rising up to the challenge of our rival" in meinem Kopf ertönt, fühle ich mich stark genug die Meditation durchzuziehen. Am letzten Tag steht zudem eine neue Meditationstechnik auf dem
Programm. Ziel dieser Technik ist es Liebe und Mitgefühl für alle Lebewesen
(Menschen inkl.) zu entwicklen. Hört sich gut an. Ich bin dabei. Der Guru-Typi erklärt uns,
dass wir wieder durch unseren Körper wandern, aber diesmal ganz viel Love,
Peace and Harmony fühlen sollen. Ja.... Ähm. War mir von der Länge bzw.
Ausführlichkeit der Erklärung her, eher zu kurz. Dazu „chantet“ der Guru-Typi Sätze wie „May all
beings share my peace“; „May all beings share my harmony“; “May I forgive all
beings”; “May all beings forgive me”; „May all beings be happy“; “May all
beings be peaceful” usw. Je länger er singt, umso agressiver werde ich. Er
singt ziemlich lange. Ich werde unbalanced. Very unbalanced. Dann ist die
Morgen-Meditation vorbei. Wir dürfen den Saal verlassen und REDEN (o.k. haben
wir ja heimlich schon vorher manchmal, aber halt immer nur so 2-3 Sätze).
Vanessa kommt auf mich zu, wir laufen langsam den Hof Richtung Essenshalle
hoch. Wir umarmen uns und stellen fest, dass wir beide sehr sehr froh sind,
dass der Kurs vorbei ist. Nach so 2-3 Metern wurde mir bewusst, dass ich ja
immer noch nicht lügen darf (muss man am Anfang versprechen) und korrigiere:
„Also ich bin eigentlich wirklich froh und glücklich und so, aber gerade bin
ich voll aggro -- das mit der Liebe und dem Singen, das war einfach zu viel“.
Vanessa lacht, ihr gehe es genaus so. Dann lachen wir beide – und zwar laut und lange.
Das bekommt den Agressionen echt gut – die verflüchtigen sich nämlich ganz
schnell. Mit dieser Mischung aus einem schalen Nachgeschmack von Agression und
ganz viel Glücksgefühl endet unser 10 Tage Vipassana Kurs. Zum Abschluss gibt
es ein kleines Festessen, einen Film über Vipassana-Kurse in verschiedenen
indischen Gefägnissen ...und wir kriegen endlich unsere Sachen wieder.
10-Tage Vipasana – Ein Fazit:
Ich bin echt froh, dass ich das durchgezogen habe. Das war
auf jeden Fall eine interessante und bereichendere Erfahrung. Und es hat wirklich gut getan. Man merkt, dass der Kopf wirklich ruhiger wird. Und dass man es schafft, seine Gedanken zu kontrollieren. Ein gutes Gefühl. Ich würde auch
einen Fortgeschrittenen-Kurs machen, aber vielleicht eher so in zwei oder drei Jahren.
Inhaltliche Kritik am Kurs habe ich folgende: In einem der
allabendlichen Theorie-Videos erzählt der Guru-Typi was von Wiedergeburt. In dem anderen was von
„tiny, little chalappas“ (oder so ähnlich). Das seien vibrierende subatomare
Partikel aus denen das ganze Universum aufgebaut ist. Die „chalappas“ bestünden
aus 4 Elementen (Feuer, Erde, Wasser, das vierte habe ich vergessen). Das hat
Buddha nämlich gespürt. Wer mich kennt, kann ja ungefähr einschätzen, wieviel
Aversion ich entwickele, wenn ich mir sowas anhören muss. Zudem bezweifele ich,
wie alltagstauglich Vipassana wirklich ist. Der Guru-Typi weißt nämlich
mehrfach darauf hin, dass wir sowohl morgens wie auch abends eine Stunde
meditieren sollen.
Interessant fand ich zu merken, wie intensiv die Empfindungen werden. Zum Beispiel konnte ich irgendwann fühlen, dass das eine T-Shirt, das ich mir noch für den Kurs gekauft habe, nicht gut für die Haut ist, weil das Material zu "chemisch" ist. Das war wirklich eine interessante Erfahrung. Man weiß ja, dass manche Klamotten nicht gut für die Haut sind, aber das man das so intensiv spüren kann -- faszinierend. Überhaupt riecht und schmeckt alles viel intensiver. Das schließt die Blumen im Hof leider ebenso ein wie den eigenen Schweiß.
Was ich sehr bereichernd fand, waren die Beziehungen die ich
– und zwar ohne zu reden -- zu den anderen Frauen aufbauen konnte. Neben Vanessa und mir gab es noch 7
andere Touristinnen, alle so in unserem Alter. Die kamodschanischen Frauen
waren alle so 50 plus. Ich empfinde echt so viel Liebe, Respekt und
Zuneigung für die Frauen Kambodschas. Die waren alle so herzergreifend. Hinter
mir saßen zum Beispiel 3 ältere Frauen. Ich habe sie die 3 weisen Ladies
genannt. Die älteste war 95 (!), die jüngste ca. 80 Jahre. Immer wenn ich nicht
mehr konnte, habe ich mich umgedreht und da saßen die 3 weisen Ladies,
eingehüllt in ihre weißen Tücher, mit ihren kurzgeschorenen Haaren und waren
immer ganz konzentriert. Das war sooooo schön anzusehen. So unglaublich schön
und berührend. Einmal hat mich eine der ladies "verarscht“: Ich habe immer vor den Meditationssitzungen noch
ein paar Dehn- und Streckübungen gemacht. An einem Tag hat mich die 95-jährige
Oma so mit dem Arm angestupst und lachend auch ein paar Hampel-Übungen gemacht – und ist dann mit einem fetten Grinsen
lachend weiter in die Meditationshalle. Neben den drei weisen Ladies hatte ich auch bei 3 anderen Frauen das Gefühl, dass sie irgendwie „Verbündete“
geworden sind. Am Ende des Kurses kamen dann auch die 3 Frauen auch auf mich zu und haben mich umarmt. Das war total schön. Ich habe mit diesen Frauen ja nie ein Wort gewechselt, sondern wenn dann nur über Gesten, Blicke und Lächeln kommuniziert. Auf der Rückfahrt habe ich mich dann -- danke einem der Mönche, der Englisch konnte -- mit einer der Frauen etwas länger unterhalten können. Sie hat mir erzählt, dass sie selbst keine Kinder bekommen kann, aber dass Vanessa und ich jetzt ihre Kinder seien und wir sie in ihrem Dorf besuchen kommen sollen. Auch das waren wirklich sehr schöne Erfahrung, für die ich sehr dankbar bin
Nach dem Meditationskurs haben sowohl Vanessa wie auch ich erstmal ein Ruhe Bedürfnis. Irgendwie komisch, ist aber so. Wir fahren dann erstmal an den Strand, bevor es dann für mich weiter nach Bangkok zum Teil 2 meiner Wurzelkanalbehandlung geht. Zum Glück bin ich ja ganz entspannt und kann die -- mir sehr sehr unliebe -- Realität "facen, as it ist, as it is, not as you want it to be, but as it is, as it is" -- um zum Abschluss nochmal Goenka zu zitieren.
In diesem Sinne: Ohmmmm
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